Heute möchten wir einige Gedanken zu einem aktuellen Thema mit Dir teilen, das viele besorgte Menschen beschäftigt: Gedanken zu Fake News, Lügen und Verlust des Kontakts zum Herzen.
Diese Thematik fällt sicher am meisten im Zusammenhang mit politischer Berichterstattung auf, aber man findet sie auch im privaten Bereich, wo sie oft viel subtiler und unerwarteter auftritt. Die politischen Kämpfe sind so komplex, dass sie kaum zu entwirren sind und wohl den meisten von uns die Hintergründe dazu fehlen. Deshalb versuchen wir, die Anfänge und Ursachen zu erkennen und zu verstehen. Das, was wir im Kollektiv sehen, fängt meistens früh und kaum bemerkt im einzelnen Menschen an und verbreitet sich von da aus nach aussen in die Sichtbarkeit und Wirkung.
Ein psychisch gesunder Mensch hat eine innere Verbindung zu sich selbst und seinen moralischen und ethischen Werten. Sie zeigt sich in vielen Situationen des Alltags, beispielsweise durch Warmherzigkeit, Zugewandtheit und Mitgefühl. Genauso melden sich aber auch ein schlechtes Gewissen, Schuldgefühle oder Scham, wenn man jemand anderen gedankenlos verletzt oder lieblos behandelt hat. Das Herz – und damit ist nicht die Blutpumpe gemeint, sondern das innewohnende Gefühl für soziales und mitfühlendes Verhalten – reagiert deutlicher (und schneller) als der Verstand, der solches Verhalten gerne rechtfertigt und beschwichtigt.

Wie passiert es nun, dass Menschen sich von ihrem Herzen „abkoppeln“, und zwar so gründlich, dass sie seine Signale nicht mehr wahrnehmen? Das ist meistens ein längerer fortschreitender Prozess vieler kleiner Entscheidungen. Durch die allgegenwärtigen Medien sind wir Menschen einem Übermass an Informationsflut ausgesetzt, die kaum noch zu verarbeiten ist und in ihrer Schnelligkeit keine Zeit mehr für Gefühle lässt. Vor allem junge Menschen geraten dadurch in eine starke Aussenorientierung, gepaart mit Leistungsdruck in Schule, Beruf und Familie. Kein Wunder, dass immer mehr junge Menschen in eine Depression fallen, die sie auf schädliche Weise nach innen zwingt.
Weitere verbreitete Gründe für einen Verlust der Verbindung zu sich selbst sind eine als sinnlos empfundene Arbeit, Mobbing, Zukunftsängste und fehlende echte Nähe zu anderen Menschen.
Dieser gefährliche Stress macht einen Menschen verführbar zu masslosem Konsum, rücksichtsloser Jagd nach schnellem Geld und Macht, die dann oft nur noch durch Lügen und Entwertung anderer Menschen erreichbar ist. In politischen Kämpfen, wie wir sie zur Zeit weltweit erleben, können wir beobachten, wie Lügen und Betrügereien zur Machterhaltung schamlos auf den Gegner projiziert und dann dort angeklagt werden.
Solche Machtmenschen manipulieren ihr Gegenüber, indem sie sich einer angelernten Sprache bedienen, die Gefühle und Verstehen simulieren oder vehement auf Andere einreden und ihnen keine Zeit zum Fühlen lassen. Der Psychoanalytiker Arno Gruen nannte sie deshalb auch „eine Kopie des Menschen“. Dies ist das extreme Resultat einer schrittweisen Entwicklung, deren Anfänge oft harmlos erscheinen: Ja zu sagen, obwohl man nein meint, aus Wunsch nach Zugehörigkeit eigene Überzeugungen und Werte zu verraten, ist ein Verrat an sich selbst und erzeugt letztlich Hass.
Wir glauben, dass jeder solche Versuchungen kennt. Menschen mit Gutem Willen spüren die leise innere Warnstimme und überschreitet diese Schwellen nicht oder bereut es, wenn es dennoch mal geschieht. Der Dalai Lama hat dazu gesagt, dass Fehlverhalten verzeihlich ist, sofern man versucht, es wieder gutzumachen.
Die weit verbreitete Besorgnis über diese Entwicklung sollte uns wach machen, aber nicht hilflos. Es gibt auch die andere hoffnungsvolle Seite, denn auch in Zeiten von Krieg und Klimawandel erfahren wir, wie Menschen in Notsituationen plötzlich einander helfen und grosszügig Unterstützung anbieten, wie es z.B. bei den letzten Naturkatastrophen im Tessin oder Wallis der Fall war. Oft ist es eine existenzielle Not und der Verlust materieller und gesundheitlicher Sicherheit, der schockartig die Verbindung zum eigenen Gefühl und Mitgefühl wieder herstellt und oft eine grossartige Hilfsbereitschaft hervorbringt.
Aber müssen wir Menschen tatsächlich erst durch Klimakatastrophen, Kriege und grosse Verluste hindurchgehen, um aufzuwachen und uns aus der Komfortzone zu wagen?
Wir, die wir uns hier im Blog austauschen, leben in einem Luxus von Wohlstand und Frieden wie nur ganz wenige Menschen. Kaum jemand von uns ist wirklich auf Hilfe angewiesen. Deshalb haben wir vielleicht eine grössere Verantwortung. Da wir nicht ins grosse Weltgeschehen eingreifen können, können wir uns aber in unserem direkten Umfeld wieder von unserem Herzen leiten lassen. Wir können ohne Anlass jemandem eine Freude machen. Wir können Leute auf der Strasse anlächeln oder ansprechen und damit oft eine inspirierende Begegnung erleben. Das stärkt auch die eigene Resilienz.
Eine kleine Geschichte zum Freuen…
Vor kurzem waren wir in einem Schmuckgeschäft in Konstanz, das einem lebensfrohen und freundlichen Afghanen gehört. Während unseres ziemlich langen Gesprächs habe ich etwas gedankenversunken ein schönes Malachitarmband gesehen, es mir über den Arm gestreift und es bewundert. Als ich es wieder abnehmen wollte, meinte unser Freund: „Ach, lass es doch gleich an, ich schenke es dir“. Auf meine verblüffte Frage, wie er dazu komme, meinte er nur: „Weil heute Freitag ist und ich ein glücklicher Mensch bin“. Man muss nicht gleich Armbänder verschenken, um sein Glück zu teilen, es geht auch „kleiner“ und unauffälliger. Wer mit seinem Herzen verbunden ist und sei es auch nur für kurze Zeit, strahlt diese innere Freude aus und wirkt damit sehr ansteckend auf seine Mitmenschen. Und jeder wirkt auf seine ganz eigene Weise…
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